Mietrecht/Familienrecht:
Bleibt der Gatte in der Wohnung, zahlt die Ausgezogene mit
Zieht die Frau aus einer gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnten Wohnung aus und bleibt der Ex bis zum Ablauf der (3monatigen) Kündigungsfrist in den vier Wänden wohnen, so kann er verlangen, dass sich die Ausgezogene an den Mietkosten weiterhin beteiligt. Allerdings nicht in Höhe der halben Miete (die hier rund 800 € ausmachte), so das Oberlandesgericht Köln, weil der Mann sich eine "fiktive Mietersparnis" anrechnen lassen müsse. In dem konkreten Fall ging das Gericht davon aus, dass er - wäre er auch ausgezogen - für eine kleinere, dennoch angemessene Wohnung knapp 600 Euro zu bezahlen hätte. An der Differenz zur "alten Miete" muss sich die Verflossene zur Hälfte beteiligen (hier also in Höhe von knapp 100 €). (OLG Köln, 10 UF 16/18)
Modernisierung: Einfache Regeln sind vom Vermieter einzuhalten
Das Amtsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass ein Vermieter - will er eine Modernisierung durchführen - klare mietrechtliche Vorgaben einzuhalten hat. Ansonsten muss der Mieter den Arbeiten nicht zustimmen. Lässt ein Vermieter zum Beispiel lediglich mündlich über einen Dritten mitteilen, dass eine Modernisierung geplant ist, so verstößt er damit gegen die Regeln zur Ankündigung. Eine solche müsse immer schriftlich vom Vermieter eingereicht werden. (Hier sollte eine Nachtspeicherheizung ausgetauscht werden.) Ferner bestand das Mietverhältnis hier nur noch für vier Monate, so dass der Vermieter diese Zeit habe durchaus abwarten können. Er habe keinen Anspruch darauf, die Modernisierung im laufenden Mietverhältnis umzusetzen. (AG Gelsenkirchen, 210 C 456/18)
Eigenbedarf: Für Stieftochter muss Wohnung nicht geräumt werden
Auch eine enge persönliche Bindung zwischen einer Stieftochter und dem Lebensgefährten der Mutter kann nicht dazu führen, dass für das Stiefkind eine vermietete Wohnung des Mannes von den Mietern wegen Eigenbedarfs zu räumen sei. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Stieftochter nicht mit dem Freund ihrer Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Das Argument des Vermieters, es sei ihm ein großes Bedürfnis, dass die ganze Familie eng beieinander wohne (die Stieftochter war auch verheiratet) und sie solle ihrer kranken Mutter „zur Hand gehen“, zog nicht. Die aktuelle Mieterin hatte mit ihren drei minderjährigen Kindern, die alle die örtliche Schule besuchen, eine größere Berechtigung, in der Wohnung zu bleiben. (AG Siegburg, 105 C 97/18)
Mietminderung wegen zwei Monaten ohne Heizung
Fällt in einer Mietwohnung die Heizung von Anfang November bis Anfang Dezember komplett aus, so rechtfertigt das eine Mietminderung um 70 Prozent. (Hier lag der Grund
für den Ausfall die Umstellung der Heizung von Öl auf Gas, deren Folge vom Vermieter als unausweichlich angesehen wurde, was deshalb hingenommen werden müsse. Der Amtsrichter folgte dieser
Argumentation nicht.)
(AG Berlin-Charlottenburg, 216 C 7/13)
Eigentumswohnung: Wenn die Gemeinschaft es nicht will, gibt's auch keinen "kostenlosen" Aufzug
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein einzelner Wohnungseigentümer in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus grundsätzlich nur dann einen Personenaufzug - sogar auf eigene Kosten - einbauen darf, wenn alle übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung hierzu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen. Die übrigen Wohnungseigentümer können allerdings verpflichtet sein, den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe zu dulden. (Zu der Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst einen Aufzug einbauen kann, wenn die Wohnungseigentümer dies mit qualifizierter Mehrheit beschlossen haben, hat sich das Gericht nicht geäußert.) (BGH, V ZR 96/16)
Mietrecht: Der Dachboden darf nicht eigenmächtig entrümpelt werden
Deponiert ein Mieter eines Hauses unberechtigt Gegenstände auf dem Dachboden, so darf der Vermieter den Boden nicht einfach ausräumen und die Klamotten entsorgen. Er hätte den Mieter zunächst auf Räumung verklagen müssen. Der Vermieter muss Schadenersatz leisten. Allerdings um ein Viertel gemindert, da der Mieter seine Gegenstände "unberechtigt" gelagert hatte. (AG Berlin-Charlottenburg, 235 C 267/12)
Eigentumswohnung: Wer unberechtigt Fenster einbaut, muss sie berechtigt wieder ausbauen
Das Amtsgericht München hat entschieden, dass Fenster, die als Bestandteil der Fassade zum Gemeinschaftseigentum gehören, von Wohnungseigentümern nicht auf eigene Faust ausgetauscht werden dürfen. Das gelte auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung zwar den Eigentümern die Pflicht zur Instandhaltung zuweist, dabei aber der Außenanstrich ausdrücklich ausgenommen ist. Das Gericht: "Behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, so gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung". Im konkreten Fall hatte ein Eigentümer im neunten und zwölften Stockwerk eines Mehrfamilienhauses alte Holz-Alu-Fenster ohne Mittelsteg aus- und weiße Kunststofffenster mit Mittelsteg eingebaut. Die Gemeinschaft verlangt den Rückbau - und konnte sich durchsetzen. Das Argument des "Fensterbauers", dass der Rückbau der Fenster aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen mit einem immensen technischen Aufwand verbunden und deswegen unverhältnismäßig sei, zog nicht. Denn er hatte gar keinen Anspruch auf die von ihm durchgeführten Baumaßnahmen. (AG München, 481 C 12070/14)
Modernisierungsmaßnahme: Dichte Fenster und bessere Heizungen müssen geduldet werden
Mieter müssen es im Grunde stets dulden, wenn Vermieter besser isolierte Kunststofffenster ein- und alte Holzfenster ausbauen lassen wollen. Das gleiche gilt im
Prinzip für den Einbau einer Gasetagenheizung, die als Modernisierungsmaßnahme einen Kohleofen ersetzen soll. Eine Mieterin wehrte sich gegen die Umbauten unter anderem mit der Begründung vor
Gericht, sie heize mit Holz und somit CO2-neutral - allerdings vergeblich. Die neuen Isolierglasfenster müssten geduldet werden, weil sie dazu dienten, Energie einzusparen. Gleiches gelte für die
Gasetagenheizung. Dass sie Kohleöfen behaglicher finde, spiele keine Rolle. Die Gasetagenheizung erhöhe den Wohnwert, der Einbau könne daher nicht verhindert werden.
(LG Berlin, 65 S 144/15)
Räum- und Streupflicht: Das Alter allein befreit nicht - jedoch ein Formfehler
Auch wenn ein Mieter bereits knapp 45 Jahre in einer Erdgeschosswohnung eines Mietshauses wohnt und die in der Hausordnung (hier von 1960) den Erdgeschoss-Bewohnern aufgetragene Räum- und Streupflicht ausgeübt hat, kann er davon befreit werden, wenn sich herausstellt, dass diese Verpflichtung seinerzeit nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Denn es wurde im Mietvertrag zwar auf die Hausordnung verwiesen - dort dann aber nur unter dem Punkt "Reinigung und Pflege" der (unter Umständen mit schweren Haftungsfolgen beladene) Winterdienst auf die Mieter im Erdgeschoss abgewälzt. Eine solche große Verpflichtung hätte im Mietervertrag bestimmt sein müssen. In dem Fall vor dem Amtsgericht Köln kamen Hausordnung und Mietvertrag auf den Prüfstand, weil der Mann wegen seines Alters und eines Herzproblems von der Räum- und Streupflicht befreit werden wollte - was der Vermieter nicht akzeptierte.) Nun hat er es auf andere Weise erreicht. (AG Köln 210 C 107/10)
Betriebskosten: Schickt der Vermieter von sich aus, so muss er auch die Kosten tragen
Mieter haben das Recht, die vom Vermieter geschickte Betriebskostenabrechnung einzusehen. Das können sie persönlich an dessen Wohnort tun oder sich - gegen Kostenerstattung - Fotokopien der Originalrechnungen bestimmter Bereiche der Abrechnung schicken lassen. Schickt der Vermieter jedoch von sich aus Kopien der Nebenkosten des vorangegangenen Jahres, so kann er die Kopier- und Portokosten nicht seinem Mieter auferlegen - er hat sie selbst zu tragen. (AG Bingen, 21 C 197/15)
Verwaltungsrecht: Der Schornsteinfeger des Bezirks muss sich nicht filmen lassen
Bezirksschornsteinfegern muss für ihre "Feuerstättenschau" ungehindert Zugang zu Wohnräumen gewährt werden". Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Zugleich wurde einem Mieter-Ehepaar, das den Besuch des schwarzen Mannes als "Zwangsmaßnahme" empfand, untersagt, Video-Aufzeichnungen seiner Tätigkeit herzustellen: Solche Anfertigungen ohne Einwilligung des Bezirksschornsteinfegers stelle einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Die turnusmäßige Feuerstättenschau diene der Vermeidung von Brand-, Explosions- und Vergiftungsgefahren - und damit einem legitimen Ziel. (VwG Berlin, 8 L 183/16)
Mietrecht: Vermieter dürfen sich keinen "Spezialmietspiegel" zimmern
Die für eine Mieterhöhung zugrunde zu legende "ortsübliche Vergleichsmiete" ist grundsätzlich aus den "üblichen Entgelten" zu bestimmen, die das Mietniveau in der gesamten Gemeinde repräsentieren. Diesen Anforderungen genügt ein Sachverständigengutachten nicht, in dem nur Wohnungen aus einer einzigen Siedlung "verglichen" werden - die dazu noch dem demselben Vermieter gehören. Der BGH: Selbst wenn sich in dem betreffenden Ortsteil eine Reihe fast identischer Vergleichsobjekte befinden, "nötigt dieser Umstand nicht dazu, eine Art 'Spezialmietspiegel' für diesen Ortsteil aufzustellen". (BGH: VIII ZR 359/12)
Mietrecht: Was kann ein Sachverständiger, was ein Mietspiegel nicht kann?
Das Landgericht Berlin hat erneut zum umstrittenen Berliner Mietspiegel entschieden und diesen bestätigt. In dem konkreten Fall stimmte ein Mieter der vom Vermieter geforderten Mieterhöhung (von 5,11 €/qm auf 5,88 €/qm) nicht zu, weil der Mietspiegel die Erhöhung mit Blick auf die ortsüblichen Vergleichsmieten nicht zuließe. Das Gericht urteilte, dass der Mietspiegel eine „ausreichende Schätzgrundlage“ darstelle. Schließlich sei er vom Land sowie von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter anerkannt worden. Die Lebenserfahrung spreche deshalb dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation objektiv zutreffend abbilde. Das Gericht führte zusätzlich aus, es sei nicht verpflichtet, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn das sei teuer und zeitaufwändig und garantiere nicht, dass es zu mehr oder besseren Erkenntnissen führe als ein Mietspiegel. (LG Berlin, 67 S 72/16 u. a.)
Betriebskosten: 20 Prozent Differenz ist nicht mehr tolerierbar
Auch wenn alle Wohnungen in einem Mietshaus mit Wasserzählern ausgestattet sind, zählt bei der Betriebskostenabrechnung der Hauptwasserzähler. Zeigt der allerdings einen unrealistisch hohen Wert an, so wird nach den Wohnungszählern abgerechnet. Das Amtsgericht Rheine hält eine Abweichung von mehr als 20 Prozent zwischen Haupt- und Wohnungszählern für unrealis-tisch. Normalerweise würden Hauptwasserzähler immer mehr anzeigen als alle Wohnungswas-serzähler zusammen, wobei dann die Gesamtwasserkosten anteilig je nach Wert der Wohnungsmesser auf die Mieter im Haus verteilt werden. Bei einer Abweichung von mehr als 20 Prozent sei die Messtoleranz nicht mehr akzeptabel. (AmG Steinfurt, 10 C 331/14)
Nachbarrecht: Schon die Möglichkeit einer Video-Überwachung darf untersagt werden
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass allein die Installation einer Videokamera auf einem Grundstück die "konkrete Gefahr" bringe, dass das Nachbargrundstück ebenfalls in den Fokus geraten könnte. Daher dürfe vom Nachbarn, der plant, eine Kamera zu installieren, vorbeugend eine Unterlassungserklärung verlangt werden. Andererseits hat der "möglicherweise überwachte Bewohner" nicht die Pflicht, zu beweisen, dass er tatsächlich "rechtswidrig" angegangen wird, wenn die Kamera läuft. (OLG Köln, 21 U 22/08)
Eigentumswohnung: Sind Rollläden "in die Außenwand integriert", gehören sie der Gemeinschaft
Rollläden, die in einer Wohnungseigentumsanlage in die Außenwand integriert sind, gehören zum Gemeinschaftseigentum. Kosten, die durch eine Instandsetzung entstanden sind, müssen deshalb aus dem Gemeinschafstopf bezahlt werden. Das Amtsgericht Würzburg: Rollläden stünden nur dann im Sondereigentum, wenn sie nicht in der Außenwand integriert seien und ohne Beeinträchtigung der äußeren Gestalt montiert und demontiert werden können. Das sei hier nicht der Fall gewesen. (In dem entschiedenen Fall ging es zwar nur um 105 € in einer Jahresabrechnung, was einem Eigentümer jedoch nicht passte. Seine Klage wurde abgewiesen.) (AmG Würzburg, 30 C 1212/14)
Eigentumswohnung: Eine ordnungsgemäße Verwaltung verjährt nie
Ein Eigentümer in einer Wohnungseigentumsanlage kann durchsetzen, dass der in der Baugenehmigung für die Wohnanlage seinerzeit festgeschriebene Zustand eines bestimmten Bereichs des Gemeinschaftseigentums wiederherzustellen ist, wenn der "verloren gegangen" ist. Das war in dem Fall vor dem Amtsgericht München für einen Spielplatz so. Unter anderem war in der Baugenehmigung festgehalten, dass der Spielplatz oder die Spielbereiche "den Kindern tatsächlich zum Spielen zur Verfügung stehen" müssen und der Spielsand "in angemessenen Abständen zu erneuern ist". Tatsächlich jedoch war der Sandkasten mit Unrat verunreinigt. Die übrigen Eigentümer können nicht argumentieren, es stünde ein anderer Spielplatz zur Verfügung. Und auch sei das Verlangen des Eigentümers nicht verjährt. Denn "der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung ist grundsätzlich unverjährbar". (AmG München, 481 C 17409/15 WEG)
Mietminderung: Nicht nutzbarer Balkon bringt 4 Prozent
Darf ein Mieter seinen Balkon nicht mehr betreten, weil das Bauaufsichtsamt die Nutzung wegen Baufälligkeit untersagt hat, so kann er die Miete mindern, wenn der Vermieter den Balkon nicht instand setzen lässt. Das Amtsgericht Köln sprach ihm die knapp vier Prozent zu, die er - 36 Euro im Monat - einbehalten hatte. Der Vermieter kann nicht mit dem Argument punkten, der Balkon sei trotz des Verbotes regelmäßig vom Mieter genutzt worden. Standen dort lediglich die Balkonmöbel und hat die Frau die Blumen in den Kästen gegossen, so sei das keine mietvertraglich vereinbarte Nutzung. (AmG Köln, 221 C 345/12)
Modernisierungsmaßnahme: Zwölf Monate Großbaustelle ist nicht akzeptabel
Grundsätzlich hat ein Mieter einer Modernisierungsmaßnahme nicht zu widersprechen. Voraus-gesetzt, sie ist nicht mit unzumutbaren Härten verbunden. Gefällt dem Mieter die danach im Regelfall folgende Mieterhöhung nicht, so kann er aus dem Mietvertrag heraus. In einem Fall vor dem Landgericht Berlin ging es um eine angekündigte Modernisierungsmaßnahme, die (unter anderem) die Erneuerung der Fernwärmestation sowie von Wasser- und Abwasserleitung, den Umbau eines vorhandenen Badezimmers, Fliesenarbeiten in Küche und Bad, die Erneuerung von Elektroleitungen, den Austausch der Fenster sowie Fassadenarbeiten und Arbeiten im Treppenhaus vorsah. Geplante Dauer: zwölf Monate. Der Mieter hätte die Wohnung für mehrere Monate verlassen müssen. Er musste die Arbeiten nicht dulden. (LG Berlin, 65 S 301/15)
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Quelle: IVD West/ Redaktionsbüro Wolfgang Büser.
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